Arbeit 1014 (Engere Wahl)

- CODE UNIQUE Architekten GmbH, Dresden und
- CSZ Ingenieurconsult TA GmbH & Co. KG, Berlin und
- Mathes Beratende Ingenieure GmbH, Chemnitz
Erläuterungen
Als Gründungsbauten bilden die Gebäude C1 und B1 den Auftakt der Technischen Universität Nürnberg. Dabei bildet das Hauptgebäude das Tor des Campus und empfängt die Nutzer*innen mit offen, ausladenden Etagen. C1 fungiert hier als Bindeglied zwischen Park und Campuswiese, indem es zwei Haupteingänge, Richtung Nord und Süd, bietet. Das verglaste Erdgeschoss und die offene Mitte unterstreichen dies und ermöglichen einen Spaziergang durch das Gebäude. Auch das Nebengebäude B1 besitzt ein offenes Erdgeschoss. Die Bauten spiegeln somit den Charakter einer „offenen Universität für Alle“ wider.
Das im Grundriss enthaltene Kleinraster ermöglicht dabei einen hohen Grad an Flexibilität, beispielsweise durch modulare Büroräumlichkeiten. Ein, das Gebäude umgebene, Stahlgerüst unterstreicht den Bau maßgeblich und bildet eine leichte Hülle, die als Laubengang auf allen Ebenen genutzt werden kann. Als Lern-, Arbeits-, als auch Kommunikationsbereich kann dieser Gang von allen Nutzer*innen betreten werden.
Großzügige Verglasungen in der Fassade lassen die öffentlich, nutzbaren Bereiche des Gebäudes bereits von außen erkennbar werden und verkörpern das transparent, offene Bild der Universität. Mittels einer Holz-Hybrid-Konstruktion werden die Bauten mit fünf Etagen und einem Staffelgeschoss versehen.
Ein großzügiges Atrium verbindet die Ebenen und eröffnet den Blick nach oben. Im Hauptgebäude befindet sich dazu eine Sitztreppe, die das Erdgeschoss mit der ersten Etage verbindet und als Ort zum Verweilen und Arbeiten genutzt werden kann. Die Büro- und Seminarräume verteilen sich dabei im Hauptgebäude auf mehreren Etagen, im Nebengebäude dagegen eben. Beide Bauten bieten begrünte Dachgärten, von denen einer im Hauptgebäude für Studierende und Mitarbeitende als Lernfläche genutzt werden kann.
Beurteilung
Die Verfasser schlagen zwei Gebäude gleicher Architektursprache und Materialität vor, die den initialen Auftakt am Campus als architektonisches „Geschwisterpaar“ besetzen. Während sich das C-Gebäude als „Campus-Tor“ in Richtung Parkpromenade aus der Bauflucht schiebt, verknüpft eine Ausklinkung im EG B-Gebäude den Campus-Zugang mit dem Grünen Band in den zentralen Campusraum. Ob das leichte Ausrücken aus der Bauflucht für das vorgeschlagene Haus tatsächlich einen städtebaulichen Gewinn darstellt, und inwieweit das gewählte Bild von einem „Gebäudepaar über Eck“ die gewünschte zentrale Tor-Geste bestmöglich formulieren, wird diskutiert.
Die für beide Gebäude gewählten offenen Erdgeschosse mit aufsteigenden Atrien übersetzen den Charakter der “offenen Universität für alle“ architektonisch einladend. Die angebotenen Qualitäten und Zonierungen der zugeordneten Foyers, Lufträume und Raumfolgen von Aufenthalts- und Lernbereichen können grundsätzlich überzeugen.
Von Nutzerseite wird im C-Gebäude insbesondere die spannungsreich gesetzte Kombination von Audimax und Lerntreppe als sehr identitätsstark eingeschätzt, wobei mögliche akustische Einschränkungen für die Bürobereiche in den OGs angesprochen werden. Im B-Gebäude wird die große Spindeltreppe als ausdrucksstarkes, adressbildendes Erschließungselement gewürdigt, dabei aber im Hinblick auf Lage und Größe als unzureichend für das Gesamtgebäude bewertet.
In den Obergeschossen ergeben sich in beiden Häusern spannungsreiche, gut ablesbare Raumfolgen aus geschlossenen Raumspangen und offenen Kommunikationsbereichen, die modular schaltbar und flexibel in den Größen anpassbar erscheinen. Während hier im B-Gebäude das reduzierte Tageslicht der Gruppenräume kritisiert wird, fällt im C-Gebäude ein erhöhter Erschließungsflächenanteil auf.
Die Programmierung der Dachgeschosse mit Einordnung sowohl der Technikbereiche mit Energieharvesting, als auch umfangreichen sozialräumlichen Angeboten von grünen Dachterrassen für Studierende und Verwaltung wird als gelungene, zeitgemäße Lösung gewürdigt, Gebäudebegrünung konzeptionell in diesen Bereichen zu konzentrieren als angemessene, realistische Einordnung geschätzt. Ein zentraler Schwachpunkt im Projekt ist die Entfluchtung beider Häuser ausschließlich über die außenliegenden filigranen Steganlagen in Stahl. Laut Brandschutzbetrachtung können diese als Fluchtebenen vor brennbaren Holzfassaden mit Befensterung (Brand-/Rauchlast) so konzeptionell nicht bestehen.
Damit muss sowohl die vorgeschlagene Typologie der offenen Hallenräume als auch das angebotene Bild der Holzvolumen mit filigran umhüllender Schicht aus Stahlstruktur als „Bild der neuen Campusarchitektur“ hinterfragt werden- beides zentrale Elemente der vorgeschlagenen Architektur.
Flexibilität und Nachnutzung wurden im Hinblick auf Nachhaltigkeit von den Verfassern zentral bewertet und daher die Typologie beider Häuser in Erschließungsstruktur und Baurastern gestaffelt optimiert. Der modulare Ansatz wird durch das außenliegende Stahlgerüst im gewählten Grundraster von 7,50 ablesbar, der addierte Laubengang als Fluchtbalkon, Lern- und Kommunikationsbereich genutzt, generiert den Ausdruck der Häuser.
Die Funktionalität wird durch das Preisgericht und den Nutzer insgesamt befriedigend eingeschätzt. Im Gebäude C1 wird die nutzbare Lerntreppe sehr positiv als Aufenthalts- und Kommunikationsfläche aber auch als Identifikationsmerkmal gesehen. Bei den Räumen auf der Nord- und Südseite in den Obergeschossen wird kritisch gesehen, dass eine Öffnung zur offenen Halle ohne Einschränkung der Nutzbarkeit nicht möglich scheint. Im Gebäude B1 wird die großzügige, erdgeschossige Halle, insbesondere in Verbindung mit den zentralen Räumen im Erdgeschoss, sehr positiv gesehen. In den Obergeschossen werden die innenliegenden Räume westlich des Atriums in Verbindung mit der zentralen Wendeltreppe kritisiert. Hierdurch wird die Flexibilität der Nutzung eingeschränkt.
Bei der technischen Bewertung für die Fachbereiche Maschinenwesen und Elektrotechnik ergibt sich eine Vielzahl von teils erheblichen kritischen Punkten. Grundsätzlich erscheinen die Technikflächen sowohl der Zentralen Betriebstechnik als auch der Verteilung in beiden Fachdisziplinen nicht ausreichend dimensioniert zu sein. Es werden die Anordnung, Durchgängigkeit, Größe und Begehbarkeit der Schächte und deren Ausfädelung kritisch bewertet. Je Anlagengruppe sollten die Technikzentralen getrennt ausgewiesen werden. Die Anbindung an die Medien auf der Südseite des Gebäudes wird kritisch gesehen. Berechnungen, Vordimensionierungen und Funktionsschemata gemäß Auslobung liegen nicht vollständig vor. Im Bereich Maschinenwesen ist die Auskömmlichkeit der Fensterlüftung in Teilbereichen unklar. Im Bereich Elektrotechnik beinhalten beide Gebäude Schwerpunktstationen, obwohl dies nur in einem Gebäude gefordert war. Der horizontale Leitungszug zwischen den Gebäudeteilen ist nicht gegeben. Berechnungen, Vordimensionierungen und Funktionsschemata liegen nicht vollständig vor. Die Verortung der Räume für Sicherheitsbeleuchtung und EDV ist unklar. Einbringungs- und Wartungskonzepte für die Technikzentrale im Obergeschoß sind darzustellen. Im Bereich der Fördertechnik sind die Anzahl und Ausführung der Aufzüge nicht gemäß Auslobung zu erkennbar.
Zum Themenfeld des Brandschutzes und des Tragwerks wurden einige kritische Punkte diskutiert:
Bei beiden Gebäuden ist die Problematik zur Ausführung der Außentreppen bereits zuvor erläutert worden. Zusätzlich erscheinen die Lauflängen und Rettungswegbreiten nicht ausreichend zu sein. In C1 ist der Verzicht auf innere Brandwände trotz eines geschossverbindenden Atriums nicht nachvollziehbar. Die getroffenen Brandschutzmaßnahmen erscheinen unklar. In beiden Gebäuden ist das Tragwerk für die Abfangung der Gebäudelasten im Erdgeschoss sowie über den weitgespannten Räumen unklar.
Die Arbeit wurde zudem zum Themenfeld Nachhaltigkeit intensiv diskutiert.Insgesamt berücksichtigt die Arbeit die Prinzipien des nachhaltigen Bauens vorbildlich. Die Planungskennwerte des Beitrages – Kompaktheit, Energiebedarf, Eigen-Strombedarfsdeckung und Energiekosten – liegen im Vergleich zum Wettbewerbsmittel im günstigen Bereich. Die Tageslichtversorgung der Büroarbeitsplätze ermöglicht grundsätzlich förderliche Lernumfeldbedingungen. Auch die Erschließungszonen sind überwiegend an die Fassaden angebunden und gut belichtet. Einschränkungen bestehen auf den Fassadenseiten mit außenliegenden Fluchttreppen und sehr tiefen Auskragungen sowie bei B1 den hofseitig orientierten Seminar- und Besprechungsräumen. Der sommerliche Wärmeschutz ist in Kombination mit den Auskragungen und dem textilen Sonnenschutz hinlänglich effizient. Die gewählte Holz-Beton-Hybrid Konstruktion und die Holzfassade wirken sich in Kombination mit der überdurchschnittlichen PV-Eigenstromversorgung sehr vorteilhaft auf die Ökobilanz aus. Ein klimaneutraler Gebäudebetrieb beider Baukörper erscheint plausibel.
Insgesamt vermittelt das entstehende Bild der Architektur einen Ausdruck von Rationalität und Zeitlosigkeit, der der Bauaufgabe durchaus entsprechen kann. Gleichermaßen wird der eher generische Ausdruck auch als möglicherweise zu wenig spezifisch hinterfragt. Zahlreiche technische Fragen bleichen jedoch ungeklärt.