Arbeit 1010 (Engere Wahl)

- Baumschlager Eberle Architekten, Lustenau mit
- ATP Nürnberg Planungs GmbH, Nürnberg und
- Buro Happold, Berlin
Erläuterungen
Die Gründungsgebäude formen die bauliche Kante des Campus. Sie befinden sich im Norden des städtischen Grünzugs und bilden den Auftakt der Lehr- und Forschungseinheit. Das HSS-Gebäude ist dabei von der nördlichen Parkpromenade, als auch vom östlich gelegenen Weg der Campus-Fläche aus zugänglich. Das Kopfgebäude ist ebenfalls von Norden aus, als auch über die zentrale Campus-Mitte aus zugänglich.
Beide Gebäude enthalten ein Foyer, welches zu jeweils fünf Etagen führt. Das Foyer des Kopfgebäudes erstreckt sich dabei über zwei Etagen, wobei die untere, sowohl als Cafeteria, als auch für temporäres Arbeiten oder Ausstellungen genutzt werden kann. Auf derselben Ebene befindet sich ein Hörsaal. In diesem Sinne weist die Erdgeschosszone eine hohe Durchlässigkeit auf und ermöglicht somit eine direkte Verbindung von Nord bis Süd.
Um einen nachhaltigen Bauprozess zu gewährleisten, werden beide Gebäude so gut es geht, im Sinne eines erleichterten Rückbau und Wiederverwendungszyklus gebaut. Die Außenfassade, eine Holzhybrid Konstruktion, ist mehrschichtig begrünt und bietet dabei eine optimale Belichtung der Büros, die durch umlaufende Bandfenster erhellt werden. Jede Nutzer*in kann die Räume dabei nach Belieben lüften. Des Weiteren werden LED-Lichter angebracht und, in Hinblick auf den jeweiligen Energiebedarf, mit dem natürlichen Tageslicht in Einklang gebracht. Die Begrünung verläuft vertikal, sodass das Erdgeschoss mit dem jeweiligen Flachdach ökologisch verbunden wird. Beide Dächer sind über einen Treppenraum zugänglich und können als Freiraum genutzt werden.
Um den Nutzer*innenkomfort zu maximieren, werden besonders schonende Bau- und Reinigungsmittel verwendet, die dazu beitragen das Raumklima entsprechend zu erhalten und allergische Reaktionen o.ä. vorzubeugen.
Beurteilung
Die Arbeit überzeugt durch eine klare baukörperliche Setzung, zweier gleich hoher, nicht unterkellerter Baukörper mit nicht zugänglichen Innenhöfen auf Ebene 1 bzw. Ebene 2. Die Grundrisse sind in beiden Gebäuden übersichtlich und klar strukturiert. Gebäude C1 bietet in der Erdgeschoßzone eine sinnvolle Durchlässigkeit vom Park in Richtung Campus-Mitte. Speisesaal und Lernraum auf der Südseite ergänzen diesen auch als Ausstellungsfläche nutzbaren Aufenthaltsraum in sinnvoller Weise. Das Auffinden der inneren Treppen scheint im Erdgeschoss nicht ganz selbstverständlich zu sein, in den oberen Geschossen funktionieren die Treppen jedoch gut. Gebäude B1 bietet eine Durchwegung über Eck von Norden in Richtung Osten. Die innere Erschließung funktioniert gut. In den öffentlichen Erdgeschoßzonen der beiden Gebäude werden auch der Hörsaal und die Seminarräume angeordnet. In den aufgehenden Geschossen ergänzen Kommunikations- bzw. Aufenthaltszonen die klassische Anordnung der Büroräume. Eine ausreichende Tageslichtversorgung der innen liegenden Räume über die Lochfassaden der Innenhöfe ist fraglich. Die begrünten Dachflächen werden großzügig für Photovoltaik genutzt.
Die architektonische Ausformulierung der beiden Gebäude ist unterschiedlich, Gebäude B1 mit einer horizontalen Schichtung, Gebäude C 1 mit einem quadratischen Fassadenraster in den aufgehenden Geschossen. Die Differenzierung wird grundsätzlich positiv bewertet, jedoch wirkt die auf allen vier Seiten vorgesetzte Fassadenebene von Gebäude C1 sehr dominant. Die energetische Effizienz des vorgestellten Sonnenschutzes wird in Frage gestellt, eine Differenzierung nach Himmelsrichtung wird nicht vorgenommen. Ein filigraneres Erscheinungsbild der vorgestellten Ebene und eine Überprüfung der übergroßen Stützenabmessungen in den EG-Bereich könnte dem Gebäude seine Wuchtigkeit nehmen. Nutzung und auch Konstruktion der vorgestellten Ebene sind unklar. Ein realistischerer Umgang mit der Begrünung wäre wünschenswert. Auch die Innenhoffassaden überzeugen architektonisch nicht.
Die Konstruktion der Gebäude besteht aus den Werkstoffen Holz, Stahlbeton und Stahl. Der Einsatz der Werkstoffe erfolgt spannweitenabhängig, eine größere Einheitlichkeit in der Materialität wäre sehr wünschenswert.
Die Funktionalität wird durch das Preisgericht und den Nutzer gut eingeschätzt. Im Gebäude C1 ist die Anordnung von Hörsaal und Cafeteria im Erdgeschoss gut und nutzungsgerecht. Die Anbindung an die beiden inneren Treppen scheint im Erdgeschoss nicht ganz selbstverständlich, funktioniert in den Obergeschossen jedoch sehr gut. Im Gebäude B1 erscheint die innere Erschließung im Erdgeschoss angemessen. Die innere Erschließung in den Obergeschossen funktioniert gut. In den zweihüftigen Bereichen sind die inneren Räume gut an den Innenhof angebunden und damit gut belichtet und belüftet.
Bei der technischen Bewertung für die Bereiche Maschinenwesen und Elektrotechnik ergeben sich eine Vielzahl von kritischen Punkten. Grundsätzlich erscheinen die Technikflächen der Zentralen Betriebstechnik als auch der Verteilung in beiden Disziplinen nicht ausreichend dimensioniert. Die Anordnung, Größe und Begehbarkeit der Schächte und deren Ausfädelung werden kritisch bewertet. Je An- lagengruppe sollten die Technikzentralen getrennt ausgewiesen werden, was hier nicht der Fall ist. Die Übergabepunkte der technischen Medien in den Gebäuden sind nicht auffindbar. Die erforderli- chen Berechnungen, Vordimensionierungen und Funktionsschemata gemäß Auslobung liegen nicht vollständig vor. Daher entstehen viele Diskrepanzen zwischen Raumbuch und Grundrissen, die nicht aufgeklärt werden. Bezüglich der Haustechnik wird zudem die Auskömmlichkeit der Fensterlüftung in Teilbereichen nicht nachgewiesen. In Bereich der Elektrotechnik sind die Verteilerräume UV und IT nicht getrennt und die geforderten SV-Verteilerräume in den Etagen fehlen.
Zum Themenfeld des Brandschutzes und des Tragwerks wurden einige kritische Punkte diskutiert: Für das Gebäude C1 ist eine Brandabschnittstrennung nicht nachgewiesen. Zudem ist bei beiden Gebäuden im Tragwerk keine durchgängige Materialität erkennbar.
Die Arbeit wurde zudem zum Themenfeld Nachhaltigkeit kritisch diskutiert. Die Energie- und Nachhaltigkeitskennwerte der beiden Gebäude – Fensterflächenanteile, Kompaktheit und Eigenstromdeckung – liegen vorwiegend im Wettbewerbsmittel. Während die Tageslichtversorgung bei Gebäude B1 günstig beurteilt wird, sorgt der fehlende effektive Sonnenschutz für ein ungünstiges Raumklima. Beim Gebäude C1 liegen Tageslicht und Raumklima im durchschnittlichen Bereich, wobei sich die tiefen Auskragungen eher ungünstig auf die Tageslichtversorgung der angrenzenden Räume auswirken und einen erhöhten Kunstlichtbedarf auslösen. Die hohe PV-Strombedarfsdeckung und der mittlere Gesamtenergiebedarf führen bei B1 zu mittleren Energiekosten. Aus dem geringen Gesamtenergiebedarf und der hohen Eigenstromdeckung resultieren bei C1 geringe Energiekosten. Ein klimaneutraler Gebäudebetrieb erscheint nur bedingt realisierbar.
Insgesamt stellt die Arbeit einen baukörperlich überzeugenden und in den Grundrissen durchdachten Beitrag dar, der aber im Hinblick auf Konstruktion und Fassade einer Überarbeitung bedarf. Die teilweise offenen Fragen zur Integration der Technik sind aufzuklären.